Götz Wagenknecht (TA)

Die Wissenschaftler kommen und gehen – Götz bleibt. Während die Forscher meist nur einige Jahre für ihre Projekte am Banter See bleiben, ist Götz als Technischer Assistent neben der Chefin, Prof. Dr. Sandra Bouwhuis, das einzige dauerhafte Teammitglied der Arbeitsgruppe. So sorgt er in den täglichen Abläufen für Kontinuität und kann immer wieder neue Mitarbeiter einarbeiten.

Götz ist für die technische Ausstattung der Brutinseln und für die Aufbereitung der Daten zuständig. Damit legt er die Grundlage dafür, dass die Wissenschaftler ihre Forschungsprojekte durchführen können. Diese Arbeit ist sehr abwechslungsreich und verantwortungsvoll.

Vorbereitung der Brutkolonie

Um Informationen über die einzelnen Flussseeschwalben am Banter See zu erhalten, wird jedes Jahr eine Anlage aus verschiedenen Messgeräten aufgebaut. Die Wissenschaftler interessieren sich beispielsweise dafür, wann die ersten Flussseeschwalben eintreffen und wie sich deren Gewichte während der Brutsaison entwickeln. Die Daten dazu gewinnen wir mithilfe von Antennen und Waagen, die sich an den Sitzplätzen der Vögel befinden. Doch bevor alles am Banter See aufgebaut werden kann, gibt es einen Testlauf im Trockenen. In der Gätke Halle am Institut für Vogelforschung werden dazu alle Messgeräte, Computer und Kabel aufgebaut und durchgetestet. Erst wenn alle Geräte problemlos funktionieren, kann die Anlage am Banter See aufgebaut werden.

Aufbau am Banter See

Ende März wird es Zeit, die Technik auf den Brutinseln aufzubauen. Bei der Gelegenheit werden in den Zwischenräumen der Sitzplätze Holzdächer, auf denen ein Draht gespannt ist, befestigt, damit sich die Vögel dort nicht mehr niederlassen. Schließlich sollen sie auf den Sitzplätzen, die auf den Betonmauern befestigt werden, Platz nehmen, damit zahlreiche Daten zu jedem Vogel gewonnen werden können. Zusätzlich erhalten alle Parzellen einen Rattenschutz rund um die Mauern, damit die Brutkolonie gegen Prädation geschützt ist.

Brutsaison

Dreimal in der Woche finden brutbiologische Krontollen („Brutbio“) statt, bei denen Götz und ein(e) FÖJlerIn (FÖJ = Freiwilliges ökologisches Jahr) zusammen das Team auf den Parzellen E und F bilden. Während der Brutbio werden zunächst alle neugefundenen Nester mit einem Holzpflock markiert, alle frisch gelegten Eier ihrer Legefolge entsprechend nummeriert und vermessen. Rund 21 Tage später werden die frisch geschlüpften Küken beringt und kurz bevor sie die Flüggewerden mit einen kleinen Transponder, der unter die Haut injeziert wird, individuell markiert. Die so gesammelten Daten werden während der Brutbio in die von Götz vorbereiteten brutbiologischen Mappen eingetragen. Am Ende der Brutbio kontrolliert er sie sofort auf Fehler, um sicher zu stellen, dass diese vollständig und gut lesbar ausgefüllt sind. Die Daten überträgt er im Anschluss in seinem Büro in eine neue Liste, die fortlaufend geführt wird und aus der auf einen Blick ersichtlich wird, welches Küken in welchem Nest aus welchem Ei geschlüpft ist und an welcher Ringnummer es zu erkennen ist. Auch die Gewichtsentwicklung der Jungen und wann sie einen Transponder bekommen haben, notiert Götz in dieser Liste. Im Anschluss bereitet er die brutbiologischen Mappen für die nächste Brutbio vor, legt neue Listen an und notiert gegebenenfalls Informationen für die Brutbioteams. War beispielsweise ein Ei viermal während einer Brutbio kalt, so markiert er es grün. Dies bedeutet, dass dieses Ei nicht mehr bebrütet wird und aus dem Nest entfernt werden kann.

Wenn sich die Brutsaison dem Ende zuneigt, beginnen Götz und seine Helfer den Standort jedes einzelnen Nestes zu vermessen, damit die wissenschaftler untersuchen können, ob die Flussseeschwalbenpaare jedes Jahr an der selben Stelle brüten. Hat nun auch die letzte Flussseeschwalbe den Banter See verlassen, kann das System heruntergefahren werden und die Abbauarbeiten beginnen. Das Team ist dann einige Tage damit beschäftigt die Technik abzubauen und das gesamte Equipment zu reinigen. Übrig bleiben am Ende nur noch die leeren Parzellen.

Nahrung prüfen

Flussseeschwalben ernähren sich hauptsächlich von kleinen Fischchen: junge Heringe, Sprotten, Stinte, Schollen und Seenadeln stehen auf ihrem Speiseplan. Es interessiert die Wissenschaftler, was im Laufe des Jahres im Wattenmeer an Nahrung zur Verfügung steht. Um dies regelmäßig zu kontrollieren, fährt Götz zum Kraftwerk. Hier wird das Kühlwasser aus der Jade entnommen und gesiebt, damit keine Fische in die Rohre gelangen. Die Fische werden vermessen, die Art bestimmt und stehen anschließend den Wissenschaftlern für ihre Auswertungen zur Verfügung.

Laborarbeit

In den Wintermonaten, wenn sich die Flussseeschwalben bereits in ihrem Überwinterungsgebiet in Westafrika befinden, beginnt für Götz die Arbeit im Labor. Untersucht werden Federkiele der neu geschlüpften Küken aus der Saison. Dies wird jedes Jahr getan, um das Geschlecht der neuen Küken zu bestimmen. Aus den Federkielen lässt sich nämlich die DNA, also die Erbinformation jedes Vogels, extrahieren. Eine Extrahierung nimmt drei Tage Zeit in Anspruch. Ist dies geschehen kann Götz den geschlechtsbestimmenden Abschnitt der DNA genauer untersuchen und das Geschlecht herausfinden.

 

Datenpflege

Bisher liegt ein Großteil der Daten aus der Brutsaison nur handschriftlich vor. Damit die Wissenschaftler die Daten auswerten können, müssen sie erst einmal in ein Statistikprogramm (SPSS) übertragen werden. Rund 3–4 Wochen brauch Götz und ein(e) FÖJlerIn für die Eingabe dieser Daten, die anschließend noch einmal genaustens auf Fehler kontrolliert werden. Denn es ist sehr wichtig, dass alle Daten korrekt übertragen werden, damit die Wissenschaftler mit den Daten arbeiten können.

Zum Schluss sind die Daten einer Brutsaison in drei Dateien zusammen gefasst: Eine mit allen Informationen über jedes Nest, eine mit den Maßen der Eier und eine von jedem Küken mit seiner Gewichtsentwicklung. Das ist aber noch nicht das Ende der Datenpflege. Als nächstes ist die „Fit-Datei“ dran. So eine Datei wird für jeden Vogel angelegt, der als erwachsene Flussseeschwalbe zur Brutkolonie am Banter See zurückgekehrt. Alles was über den Vogel bekannt ist, wird hier zusammen getragen: Wer sind die Eltern? Wann ist er das erste Mal an den Banter See zurückgekehrt?  Wann hat er das erste Mal gebrütet? Insgesamt werden von jedem Vogel pro Jahr mehr als 100 Parameter erfasst.

Nach gut sechs Monaten im Büro wird es auch schon bald wieder Zeit die neue Brutsaison vorzubereiten, denn dann wird Götz auch langsam ungeduldig und freut sich auf die anstehende Arbeit im Freien.